Dr. Helmut Kaltenhauser
9. Oktober 2010

Steuerreform vor Steuersenkung

Als Direktkandidat im Wahlkreis Aschaffenburg und unterfränkischer FDP-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2009 werde ich in den letzten Tagen zunehmend auf die Steuerpolitik der Berliner Koalition angesprochen und um Stellungnahme gebeten.

Nicht nur im Wahlkampf habe ich stets die Position vertreten, daß eine Steuer-Struktur-Reform unausweichlich sei, um das wirtschaftliche Leben in Deutschland dauerhaft zu erleichtern und damit auch wieder mehr Spielräume im sozialen Bereich zu erlangen. Dabei geht es nicht darum, ob eine flat-rate oder ein Stufentarif die richtige Methode ist, sondern um eine radikale Entschlackung unseres Dickichts an Gesetzen und Verordnungen mit all seinen Sonderregeln und Ausnahmen. Das gesetzgeberische Pendel zwischen Gerechtigkeit und Einfachheit muß endlich eine andere Richtung einschlagen. Diese Forderung findet sich auch im Koalitionsvertrag, natürlich noch nicht in verabschiedungsreifer Form. Die Botschaft gerade in meinem persönlichen Wahlkampf war dabei immer, daß die Strukturreform die höchste Priorität haben müsse und grundsätzlich erst einmal aufkommensneutral zu gestalten sei, eine evtl. damit einhergehende Steuersenkung ein angenehmes Zubrot wäre.


Leider vermittelt die Berliner Koalition ein anderes Bild in der Öffentlichkeit: Die Diskussion über Steuersenkungen steht im Vordergrund, steuerpolitische Einzelmaßnahmen verstärken die Intransparenz unseres Steuersystems. Mit Verweis auf die schwierige, aber wohl kaum überraschende Finanzsituation werden Strukturdiskussionen auf unbestimmte Zeit verschoben oder in Frage gestellt, obgleich doch von einer aufkommensneutralen Reform die Rede war. Die Enttäuschung der Wähler - auch über die Positionierung meiner Partei - kann ich nachvollziehen. Denn sie hatten zu Recht erwartet, daß das mit dem Namen Solms eng verbundene und als Diskussionsgrundlage mehr als ausreichende Steuerkonzept der FDP kurzfristig eingebracht würde. In dieser Richtung hatte sich auch der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil kürzlich geäußert.

Auch wenn ich nicht über diesbezügliche koalitions- oder fraktionsinterne Planungen informiert bin, hoffe ich doch, daß die geistig-politische Wende sich auch auf die Steuerstrukturreform bezieht.